Die Chaos Post History

„Warum?" Das ist so ziemlich die häufigste Frage im Zusammenhang mit der Chaos Post. Die treffendste Antwort lautet: warum nicht. „Aber wie kommt man darauf?“

34c3

Nun, um das zu erklären gehen wir zurück zum 34c3. Es begab sich, dass Nick Farr dem Congress beiwohnte noch unter dem Eindruck des Burning Man. Er hatte diese Idee im Kopf, dass man anderen Teilnehmern auf dem Event physikalische Nachrichten schreiben könnte. Und einige von uns fanden diese Idee spannend genug um direkt mitzumachen. Auf ein paar übrigen Tischen direkt hinter der c-base haben wir aus alten Kisten, Filz und Gedöns das erste Postoffice zusammengezimmert. Und wie das auf solchen Veranstaltungen so ist, findet sich innerhalb kürzester Zeit weiteres Equipment wie beispielsweise Schreibmaschinen, Postkarten, Stifte und Stempel ein. Was man davon hat, eine Karte an wildfremde Menschen zuzustellen, diese Frage stellt sich den wenigsten die mitmachten. Für alle war und ist es ganz offensichtlich, dass man durch das Austragen der Post, egal ob man eine oder gleich ein Dutzend Karten übernimmt, jede Menge neue Leute und Ecken kennen lernt, die man sonst so sicher nicht zu Gesicht bekommen hätte. Jeden Tag erreichte uns positives Feedback, und am zweiten oder dritten Tag wurde bereits der Wunsch an uns herangetragen wurde, auch der Oma eine Karte schreiben zu können. Nun, warum nicht lautet erneut die Antwort. So kam es, dass wir am Ende des 34c3 mit den erhaltenen Spenden die Kioske des gegenübergelegenen Globus leer gekauft hatten. Also in Bezug auf 45 Cent Briefmarken, die damaligen Postwertzeichen für Postkarten innerhalb Deutschlands und 90 Cent für Internationale Grüße. Bis zum nächsten Kongress hat sich eine Mailingliste etabliert, eine Website wurde erstellt, und die Chaos Post hat sich formiert. Es wurde Brüderschaft geschlossen mit dem Postmaster der Niederländer und weitere Ideen u.a. für online Services nahmen Gestalt an.

35c3

Im Jahr darauf, gleicher Schauplatz, 35c3, war das Postoffice schon deutlich professionalisierter aufgestellt. Hinter der Chaoswest Bühne hatten wir unseren eigenen Stand, Postboxen (ja, die echten gelben) haben sich dort materialisiert und eine Designerin, unsere Claudia, hat sogar extra eigenen Karten für die Chaos Post entworfen und sowohl Sticker als auch Kugelschreiber geordert. Diesmal war das Team vorbereitet und ist beim Hauptpostamt in Leipzig vorstellig geworden. Mit mäßigem Erfolg… auch deren Schubladen wiesen nach unserem Besuch leider keinerlei 45 Cent Marken mehr auf. Den Dialog kann man sich etwa wie folgt vorstellen: wir hätten gerne 85 mal 45 Cent Marken, nassklebend.“ „85… Das geht nicht, wir verkaufen nur in 10er Schritten.“ „Ja, Entschuldigung. Das meinten wir: 85 Bögen à 10 Stück.“ Der Gesichtsausdruck war selbstsprechend. Neben dem Späti haben zwei weitere Assemblies eine public Drop Box angeboten, die regelmäßig geleert wurden. Auch die Engel welche z.T. regelmäßig Post zustellten hatten sich inzwischen formiert. Die Gewerkschaft hatte auch hier ihren Einzug gehalten, denn die Chaos Post hat keine Schichten im Engelsystem eingetragen. Kundgebungen und offensive Diskussionen waren die Folgen. Das hielt die Chaos Post jedoch nicht davon ab, auch kleinere Warensendungen zuzustellen. Kekse, Mate und diverse Kleinigkeiten fanden ihren Weg zu ihrem Empfänger, oftmals Engel oder Organisationsteams. Und so erhielt die Chaos Post noch mal deutlichen Aufschwung und Zuspruch.

HIP3

Im Jahr 2019 nahm die Organisation dann noch mal Fahrt auf. Beginnend mit der HIP3 wurden zum ersten mal eigene Chaosmarken angeboten und ein Banner hat seinen Weg in die Bestände der Chaos Post gefunden.

Easterhegg 2019

Die Fortsetzung der Marken auf dem Easterhegg mit weiteren Markenmotiven war ein großer Erfolg und ein zweites noch größeres Banner wurde angeschafft. Ein eigner Motivstempel wurde extra für die Veranstaltung angefertigt und die österreichische Post erwies sich als höchst kooperativ als es um customized Marken ging.

GPN 2019

Da auch die Services weiter ausgebaut werden sollten, wurde die GPN kurzerhand zum Versuchskaninchen. Neben einem funktionalen online Office, über welches man Nachrichten zur Veranstaltung schicken konnte ohne selbst anwesend zu sein, wurden auch Mate oder Waffeln per Nachnahme zuverlässig zugestellt. Auch hier hat sich unsere Designerin mit einem exklusiven Wimmelbildkartenmotiv hervorgetan. Die Chaosmarken waren ein voller Erfolg und die Nachfrage entsprechend hoch. Dies führte sogar dazu, dass die Milliways, welche auf dem Camp wieder eine „Mail to Jail“ Aktion planten, Interesse an Sondermarken bekundeten und eine entsprechende Kollaboration wurde initiiert.

CCCamp 2019

Nach diesem ersten Testlauf kam die Bewährungsprobe für die Chaos Post: das CCCamp 2019. Mit einem prominenten Platz direkt neben dem Infodesk war eine hohe Zahl Laufkundschaft garantiert. Gut vorbereitet wurde bereits im Vorfeld kommuniziert, dass Villages auch ihren eigenen „Briefkasten“ aufstellen konnten, welcher bei Anfrage entsprechend durch die Chaos Post zertifiziert wurde. Der Vorteil: die entsprechende Box taucht dann auch online in der Liste der offiziellen Drop Points auf und jeder Teilnehmer konnte dort Karten einwerfen. Selbstverständlich wurden diese – insgesamt sieben – genauso wie die beiden public installierten drop points der Chaos Post regelmäßig durch selbige geleert und bearbeitet. Darüber hinaus wurde das Portfolio der Postkarten massive erweitert und ebenso selbstredend das der Chaosmarken erweitert. Neben den bisherigen Chaosmotiven stand nun auch eine Marke mit dem aktuellen Camp Motiv zur Verfügung, was wohl in Kombination mit der exponierten Stelle des Postoffice auf dem Camp zu einer übermäßig großen Nachfrage geführt hat. Die Chaosmarken mussten an Tag 3 ad hoc nachbestellt werden. Dies war zum Glück ohne große Verzögerung möglich, wodurch die unterbrechungsfreie Serviceerbringung ermöglicht wurde. Durch die tägliche Übermittlung der externen Post wurden die Grüße in die „reale Welt“ zur großen Freude der Schreibenden teilweise sogar noch während der Veranstaltung zugestellt. Die erste größere Kollaboration mit den Milliways konnte ebenfalls realisiert werden. Leider wurden nur 65 Karten im Rahmen des Projektes „Mail to Jail“ generiert, daher freuen wir uns auf die Fortsetzung auf dem 36c3, wo wir die Initiative deutlich offensiver bewerben werden. Die interne Post wurde ergänzt von einem Markenset, zusammengestellt von den Haecksen, welche bekannte Informatikerinnen darstellten. Darüber hinaus hat eine enge Zusammenarbeit mit dem Salzamt statt gefunden, um die Abwicklung von Beschwerden effizienter zu gestalten. Im Rahmen von direkter Amtshilfe hat eine sofortige Bearbeitung im Salzamt selbst statt finden können und die zeitnahe Rückzustellung über die Chaos Post war hierdurch sicher gestellt. Gleichermaßen großartiges gibt es über den Hafen zu berichten, der die Chaos Post tatkräftig mit einem z.T. explizit bereit gestellten Wassertaxi bei der regelmäßige „collection round“, zu deutsch „Leerungsrunde“ unterstützt hat. Die ungebremste Energie und Begeisterung auf dem Camp indes haben zur Entwicklung zweier weiterer Services geführt: der Serviervorschlag und das bidirektionale Chaos. Ersteres ist entstanden, nachdem vermehrte Beschwerden laut wurden, dass manuelles schreiben ja sehr mühselig ist, und auch die Schreibmaschine recht aufwändig zu bedienen sei. Konsequenterweise hat die Chaos Post reagiert und einen Vordruck erstellt, mittels welchem sich angepasst pauschale Grüße auf einer Postkarte übermitteln lassen. Näheres in unserer Service Beschreibung. Das bidirektionale Chaos hingegen ist landläufig auch als „Einschreiben mit Rückschein“ bekannt, stellt eine gewisse Rückmeldung über die Zustellung dar. Bleibt anzumerken, dass auch ein Broadcast an alle Villages erfolgreich abgewickelt werden konnte, wodurch die GPN Nord zu einem vollen Erfolg wurde.

MRMCD 2019

Ebenfalls noch 2019 wurde auf der MRMCD erstmals eine Sondermarke für ein kleineres Event angeboten. Das Logo der Veranstaltung „Gesellschaftsspiele“ wurde nicht ganz so gut angenommen, weshalb der Fokus für den Congress auf die „klassischen“ Chaosmarken gesetzt wurde.

Nook 2019

Auf Nachfrage aus Lübeck werden wir die Services noch ausweiten und auch die Zeit zwischen den Events wird aktiv genutzt werden, das Konzept „Chaos Post on Demand“ wird ausgearbeitet und durch „Chaos Post Everywhere“ ergänzt. Einzelheiten findet ihr in unseren Services („Chaos Post on Demand“ und „Chaos Post Everywhere“, nur so viel: jede Veranstaltung die möchte, kann ihr eigenes Postoffice bekommen.

36c3

Der 36c3 war ein erneuter Stresstest für die fleißigen Postbeamten. Über 35 Karten wurden im Vorfeld gestaltet und in verschiedenen Auflagehöhen wurden in Summe mehr als 53.000 Stück bestellt. Das LOC war über diese Höhe der Brandlast seltsamerweise so gar nicht erfreut, als sie die diversen Pakete für uns empfangen und gelagert haben. An Tag 0 ist freundlicherweise die Palette per Ameise zum Hauptpostamt befördert worden. Das eindrucksvolle Portfolio, welches auf dem Camp bereits weiter entwickelt wurde, ist noch mal um einige spannende Services erweitert worden. Direkt hinter der Chaos West Bühne konnte man sich über die diversen Kartenmotive freuen und sie mit „heimlichen Nachrichten“ (Rubbelsticker und UV Stifte), „netten Düften“ or „Serviervorschlägen“ anreichern. Ergänzt wurde das ganze mit der „Forever alone box“, „Dankesschleudern“, dem „gesungenen Telegramm“, „Chaos Post everywhere“ und cer „d3toc distribution“. Auch die „Mail to Jail“ Aktion konnte von uns tatkräftig unterstützt werden, und so konnten 116 Karten mit Spezialmarken (Logo der Milliways) versendet werden. (Einzelheiten zu den aktuellen Services der Chaos Post findet ihr auf unserer Website.) Daneben standen selbstverständlich auch wieder Schreibmaschinen und jede Menge Material zum schreiben, malen und verzieren der Postkarten bereit. Wir sind unserer Mission treu geblieben und haben über 33.000 Postkarten verteilt und es damit etlichen Chaos Boten ermöglicht, das Event noch auf eine gänzlich andere Art und Weise kennenzulernen. Dabei sind 798 online Postkarten verzeichnet worden, das sind 15 weniger als auf dem Camp. Dazu sind über 6.000 Karten in die „default world“, genau genommen in 42 verschiedene Länder prozessiert worden. In Summe bleibt festzuhalten, die Chaos Post hat auch in diesem Jahr nicht nur den Spaß auf dem Kongress sondern auch die Vernetzung immens gefördert.

HIP4

Auch auf der fünften Hack im Pott mit über hundert Teilnehmern in Essen war die Chaos Post zugegegen. Mit neuen Kartenmotiven und großer Motivation wurden auch hier etlich Karten verteilt: 24 Karten nach extern, 2 davon international. 16 wurden intern versendet, 2 in die Zukunft, 0 in die Vergangenheit. Darüber hinaus wiesen die Statistiken folgendes auf: 26 verschiedene Postkartenmotive betreut von acht überqualifizierten Sachbearbeitern der Post (wieder ohne Gewerkschaft), so überqualifiziert, dass zweitweise parallel das MOC (MusikOperationCenter) übernommen wurde. Nicht genutzt wurden leider Brieftaubenservice, Briefdrohnenservice, gesungenes Telegramm, Flaschenpost, stille Post. Der Schaltjahrschalter befand sich in Saal 1. Auf der Website des Chaospott findet ihr einen ausführlichen Bericht u.a. über unsere Dienstleistung: „Traditionelle Kommunikation bot die Chaospost, prominent und bestens ausgestattet auf dem Weg in die raketenbeklebte Analoglösung der Informationsfrage. Ein Push-Medium, das wiederentdeckt wurde, dank seiner vielfältigen Grafiken und der Herausforderung an die Adressierung ohne RFC. Während Briefe nach DIN 5008 beschriftet werden, gilt für Postkarten eine Postnorm und für alle gemeinsam Französisch als Weltpostsprache.“

DiVOC "Hidden Service"

Die DiVOC war auch für die Chaos Post eine spannende Veranstaltung und ein "erstes mal". Als Dienstleister der ausschließlich von persönlichem Kontakt und Kommunikation vor Ort lebt, waren die durch die Corona Pandemie gegebenen Rahmenbedingungen eine echte Herausforderung. Unserer Hauptidee, Leute zusammenzubringen und die Veranstaltung aus einem anderen Blickwinkel erleben zu lassen war leider so nicht umsetzbar. Aber auf Postkarten mussten wir dennoch nicht verzichten. Auch wenn wir in der Vergangenheit Post "von extern nach extern" abgelehnt haben, war dies nun die einzige Möglichkeit zu operieren. Unser famoses Backoffice hat also das Online Office temporär so ausgebaut, dass hier Postkarten digital verschickt werden konnten. Selbstverständlich mit waschechter Chaosmarke und Stempel. So konnten Besucher der DiVOC sich und / oder ihren Lieben eine Postkarte ins digitale Osternest legen. In Summe war dieser Ansatz ein großer Erfolg, die Service Statistiken sprechen da für sich: Es wurden insgesamt 775 Postkarten von vier Chaos-Postbeamten verarbeitet. Die Service Qualität war mit einem min. Delay von 0.07 Minuten und einem Average von 24.93 Minuten sicherlich hervorragend und deutlich bei einem Maximum von 1770.96 Minuten sicherlich deutlich besser als bei so manch anderem Event. Auch wenn wir physikalisch 0 Postkarten ausgeliefert, 0 Chaos Boten beschäftigt und 0 Bäume während der Vorbereitungen beschäftigt haben, so wurde immerhin 1 Postkarte spezifisch für das Event designed. Digital zugestellt wurden Postkarten in 32 verschiedene TLDs, wobei .de mit 418 Zustellungen die Statistiken anführt. Einen weiteren Vorteil hat dieses Online Office: wir konnten 13 verschiedene Postkarten mit drei unterschiedlichen Markenmotiven anbieten, und immerhin waren alle bis zu Schluss verfügbar.

Close